König Otto besiegt die Magyaren
1. Es brennt
Ostfrankenreich, 10. Jhd. n. Chr.

Der Rauch hing schwer in der Luft, während Albrecht durch die Trümmer seines Dorfes stapfte. Die Magyaren waren in der Morgendämmerung gekommen, ihre Pferde wie Schatten durch die Felder huschend, ihre Pfeile tödlich und unbarmherzig. Häuser brannten, Tiere lagen verendet im Dreck, und die Schreie der Verwundeten hallten in den Ruinen wider. Seine Frau war tot, sein Sohn verschleppt. Nur mit Mühe unterdrückte Albrecht den Kloß in seiner Kehle. Er war Bauer gewesen, nun war er ein Mann ohne Heimat. Und in seiner Brust loderte ein Hass, heißer als die Flammen, die sein Dorf verzehrten. Er wusste, wer allein diese Bedrohung aufhalten konnte – Otto I., der König der Deutschen. Albrecht nahm sein altes Jagdmesser, zog eine Axt aus den Trümmern eines Hauses und machte sich auf den Weg nach Quedlinburg, wo Otto I. Krieger sammelte. Die Reise war hart, aber als er das Lager der Truppen erreichte, spürte er zum ersten Mal seit Tagen Hoffnung. Männer aus allen Teilen des Reiches waren gekommen – Sachsen, Franken, Schwaben, selbst Bayern. Otto I. selbst saß auf einem schweren Ross, sein Blick hart, sein Wille ungebrochen. Er sprach zu den Männern von den Schrecken der Magyaren, von dem Leid, das sie über das Land gebracht hatten. Doch er sprach auch von einer neuen Zukunft. Er wollte nicht länger nur fliehen, wollte nicht länger Tributzahlungen leisten. Er wollte kämpfen. Albrecht schloss sich Ottos Heer an. Er lernte, mit dem Speer zu kämpfen, mit dem Schwert zu schlagen, im Verband zu marschieren. Die Monate vergingen, und das Heer wuchs. Burgen wurden befestigt, neue Krieger ausgebildet. Otto I. bereitete den Gegenschlag vor.
2. Krieger aller Stämme vereinigt euch

Die Luft roch nach Rauch und Asche, als Albrecht das befestigte Lager betrat. Überall standen Männer beisammen, mit finsteren Gesichtern und schwieligen Händen, ihre Rüstungen vom langen Marsch verstaubt. Hier, in einem Feldlager nahe Quedlinburg, hatten sich die Krieger aus allen deutschen Stämmen versammelt. Sie waren gekommen, weil sie wussten, dass es um mehr als ihre Heimatdörfer ging. Die Magyaren hatten Städte niedergebrannt – Regensburg, Magdeburg, Augsburg. Wenn sie nicht gemeinsam kämpften, würde das Land als Ganzes fallen. Am großen Feuer in der Mitte des Lagers saßen die Anführer: ein fränkischer Ritter, sein Gesicht gezeichnet von Narben vergangener Kämpfe; ein bayerischer Hauptmann, dessen Hände nervös über den Knauf seines Schwertes strichen; ein sächsischer Krieger, breitschultrig und wortkarg, der den Angriff auf Magdeburg überlebt hatte; ein schwäbischer Lanzenträger, der die Verteidigung von Augsburg schilderte. Sie hatten sich noch nie als ein Volk gesehen, sondern stets als Sachsen, Bayern, Franken oder Schwaben. Doch jetzt, mit dem Feind vor ihren Toren, gab es keine Wahl mehr. „Wenn wir getrennt kämpfen, werden wir getrennt fallen”, sagte der fränkische Ritter. „Die Magyaren kommen aus der Dunkelheit, schlagen zu und verschwinden. Unsere Burgen, unsere Städte, unser Land – sie brennen alles nieder. Es wird keine Zukunft geben, wenn wir uns nicht vereinen.” Der sächsische Krieger nickte grimmig. „Wir haben es versucht, jeder für sich. Und wir haben verloren. Sie kämpfen mit List und Geschwindigkeit, wir müssen lernen, zusammenzustehen. Die Zeit der einzelnen Stämme ist vorbei. Wir müssen ein Heer werden – ein Reich.” Es gab Gemurmel, zögernde Zustimmung. Jahrhunderte der Fehden hatten Misstrauen gesät, doch die Not machte sie zu Brüdern. Der bayerische Hauptmann stand auf und schlug mit der Faust auf seinen Schild. „Dann lasst es uns tun. Schwört es hier, unter diesem Himmel: Kein Deutscher wird allein gegen sie kämpfen. Kein Dorf wird ohne Hilfe brennen. Kein Krieger wird in der Ferne sterben, ohne dass seine Brüder ihn rächen.” Einer nach dem anderen legten sie ihre Waffen in die Mitte des Kreises – Schwerter, Speere, Äxte, Symbole ihrer Herkunft. Doch heute waren sie nicht mehr nur Bayern, Sachsen, Franken oder Schwaben. Heute wurden sie zu einem Heer, das den Namen des Reiches tragen sollte. Sie schworen es sich, auf Blut und Ehre: Die Zeit der Flucht war vorbei. Die Zeit des gemeinsamen Kampfes hatte begonnen.
3. Scharmützel

(Quelle: hu:User:Csanády, Kalandozasok, CC BY-SA 3.0)
Die Sonne stand tief über den Feldern, als Albrecht und seine Kameraden die schmale Lichtung erreichten. Der Späher, ein junger Sachse, kehrte außer Atem zurück. „Sie sind da! Mindestens fünfzig Reiter, aufgeteilt in kleine Gruppen. Sie kommen aus dem Osten.” Ein mulmiges Gefühl breitete sich in Albrechts Brust aus. Die Magyaren waren keine gewöhnlichen Krieger. Sie kämpften nicht wie die Deutschen, die sich in stählerne Reihen stellten und mit Schilden und Schwertern kämpften. Nein, die Magyaren waren wie Schatten – schnell, unberechenbar. Sie griffen in Wellen an, ließen einen Angriff vorgetäuscht ins Leere laufen, nur um dann mit einem wahren Pfeilhagel zurückzuschlagen. „Bleibt ruhig!”, rief der fränkische Hauptmann, der die Befehlsgewalt hatte. „Wir nutzen unsere Stärken. Sperrformation mit Schützen dahinter! Keiner bricht aus der Linie aus!” Die Krieger gehorchten. Die schweren sächsischen Lanzenträger stellten sich eng zusammen, ihre langen Waffen auf Brusthöhe. Dahinter knieten fränkische Bogenschützen, ihre Sehnen gespannt, bereit zum Abschuss. An den Flanken warteten bayerische Reiter mit Schwertern in der Hand. Sie würden erst zuschlagen, wenn der Feind nahe genug war. Da hörten sie das entfernte Donnern der Hufe. Ein schrilles Signalhorn erklang, und dann sahen sie die Feinde. Die Magyaren stürmten heran, ihre Bögen bereits gespannt. Noch vor der ersten Berührung flogen die ersten Pfeile, und zwei Deutsche fielen mit schmerzvollen Schreien zu Boden. Doch die Reihe hielt. Dann, kurz vor dem Aufprall, wichen die Magyaren plötzlich zurück. Es war eine Täuschung. Sie wollten die Deutschen aus der Formation locken, wollten, dass ungeduldige Krieger ihnen nachsetzten und die Linie aufbrach. Doch die Deutschen kannten diesen Trick inzwischen. Niemand rührte sich. Die Magyaren kreisten um die Formation, schossen aus dem Galopp auf die Deutschen. Ihre Beweglichkeit war beeindruckend, aber sie kamen nicht durch. Dann kam das Signal des Hauptmanns. „Jetzt! Schützen, feuert!” Ein Hagel von Pfeilen schoss aus der zweiten Reihe und traf mehrere Reiter. Einer wurde vom Pferd geschleudert, ein anderer sank mit einem durchbohrten Hals in sich zusammen. Die Magyaren zuckten zurück, doch noch war die Schlacht nicht entschieden. Plötzlich zerriss ein weiterer Hornstoß die Luft. Eine zweite Reitergruppe der Magyaren kam von der Seite heran. Ein Umgehungsangriff! Aber die Deutschen hatten vorgesorgt. Die bayerischen Reiter an den Flanken preschten los. Mit gesenkten Schwertern stießen sie den Feinden entgegen, zerschlugen ihre Formation mit brutaler Wucht. Die Magyaren waren exzellente Bogenschützen, aber im Nahkampf mit gepanzerten Rittern waren sie im Nachteil. Als sie sahen, dass ihr Überraschungsangriff gescheitert war, zogen sich die Magyaren zurück. Ihre Taktik war die der Zermürbung, nicht der offenen Schlacht. Doch heute hatten die Deutschen ihnen eine blutige Lektion erteilt. Als Stille über das Schlachtfeld sank, atmete Albrecht tief durch. Es war nur ein Scharmützel gewesen, aber es zeigte, dass die Deutschen gelernt hatten. Der Krieg war noch nicht gewonnen, aber mit Disziplin, List und vereinter Stärke hatten sie den ersten Schritt getan.
4. Beratungen

Das große Zelt war von gedämpftem Fackelschein erhellt, während sich die Fürsten und Heerführer um Otto I. versammelten. Die Gesichter waren ernst, gezeichnet von Sorge und Entschlossenheit. Die Magyaren waren immer noch eine tödliche Bedrohung, und das Reich konnte nicht ewig in der Verteidigung verharren. „Wir können so nicht weitermachen”, begann der bayerische Herzog Arnulf. „Jedes Mal, wenn wir eine Stadt verteidigen, umzingeln sie uns, zerstören das Land und ziehen sich wieder zurück. Sie sind wie Schatten – sie kommen, plündern und verschwinden, bevor wir ihnen richtig beikommen.” „Dann müssen wir sie jagen!”, rief ein fränkischer Ritter. „Kleine Gruppen, schnelle Reiter, wir schlagen zu, wo sie es nicht erwarten!” Doch Otto I. schüttelte den Kopf. „Die Magyaren sind Meister der Bewegung. Wer versucht, sie in kleinen Gruppen zu stellen, wird selbst gejagt. Ihre Pfeile durchbohren unsere Reiter, ihre Stärke ist es uns in die Irre zu führen. Nein, wir brauchen etwas anderes. Wir müssen sie zu einer Entscheidungsschlacht zwingen!” Die Fürsten sahen sich an. „Wie?” fragte Konrad von Lothringen. „Sie meiden große Schlachten, sie wollen uns zermürben. Sie kämpfen nur, wenn sie im Vorteil sind. Warum sollten sie uns eine offene Schlacht liefern?” Ein Lächeln zog über Ottos Gesicht. „Weil wir ihnen eine Falle stellen.” Die Versammlung verstummte. Otto I. fuhr fort: „Wir lassen sie glauben, dass wir schwach sind. Wir tun so, als könnten wir die Tributzahlungen nicht mehr aufbringen. Wir lassen Städte scheinbar ungeschützt, wir locken sie tief ins Reich, sodass sie sich sicher fühlen. Und dann, wenn sie glauben, sie hätten gewonnen – dann schlagen wir zu. An einem Ort, den wir wählen, mit einem Heer, das sie nicht erwarten.” „Und wo soll das sein?” fragte der sächsische Markgraf. Otto I. stand auf und deutete auf eine Karte. „Augsburg. Viel Wald, dazwischen lang gestreckte Felder. Dort gibt es keine Flankenangriffe. Unsere Heere werden frontal aufeinander treffen und unser Schildwall wird die Magyaren zerschmettern! Die Fürsten schwiegen für einen Moment, dann nickten sie. Es war riskant. Doch es war der einzige Weg, dem Schrecken der Magyaren ein Ende zu setzen. „Dann soll es so sein”, sagte Arnulf von Bayern. Die Versammlung war sich einig. Die Zeit der Flucht war vorbei. Die Entscheidungsschlacht stand bevor.
5. Augsburg
Die Luft roch nach Rauch und Asche, als Albrecht auf den Wehrgang der Stadtmauer trat. Von hier aus konnte er das feindliche Heer sehen – Hunderte von Reitern, ihre Pferde unruhig schnaubend, Banner mit fremden Zeichen im Wind flatternd. Die Magyaren hatten Augsburg eingeschlossen, doch die Stadt hielt stand. Ihre Mauern waren hoch, die Tore stark, und die Verteidiger wussten, dass Hilfe unterwegs war. Otto I. sammelte sein Heer. Sie mussten nur durchhalten. Tag für Tag belagerten die Magyaren die Stadt, doch sie waren keine Meister der Belagerungskunst. Sie setzten auf schnelle Angriffe, auf Feuerpfeile, um Panik zu verbreiten, doch Augsburg war vorbereitet. Die Stadtwachen erstickten jedes Feuer, und jeder Versuch der Magyaren, näher heranzukommen, wurde mit Pfeilen und heißem Pech beantwortet. Die Tage vergingen, und Albrecht konnte sehen, dass die Feinde unruhig wurden. Sie waren Krieger der Steppe, sie wollten nicht wochenlang vor Mauern kampieren. Sie wollten eine Schlacht. Und dann kam sie. Am frühen Morgen riefen die Wächter von den Türmen. Am Horizont war Staub zu sehen – das Heer Ottos I. marschierte heran. Trompeten erklangen, und die Magyaren zogen sich von der Stadtmauer zurück, um sich für den Kampf auf den Feldern zu formieren. Albrecht wusste, dass dies der Moment war. Die Stadt hatte standgehalten – nun würde sich alles auf dem Schlachtfeld entscheiden. Die Magyaren formierten sich in ihren gewohnten losen Schwärmen, bereit, mit Pfeilen zu stören und dann blitzschnell anzugreifen. Doch diesmal gab es keine weiten Ebenen, keine offenen Flächen für ihre schnellen Umzingelungen. Die Felder um Augsburg waren eng, von kleinen Wäldern und Hügeln unterbrochen. Es gab keinen Platz für ihre üblichen Manöver. Otto wusste das. Er ließ sein Heer in fester Formation vorrücken, die fränkischen und sächsischen Speerträger in dichten Reihen, die Ritter bereit für den entscheidenden Stoß. Als die Magyaren mit Pfeilen begannen, prallten die Geschosse an den Schilden und Panzern ab. Es gab keinen Raum für einen Rückzug, keine Möglichkeit, die Deutschen auszumanövrieren. Dann kam der Moment. Otto ließ die Ritter angreifen. Mit gesenkten Lanzen stürmten sie nach vorne, krachten in die Reihen der Magyaren. Die feindlichen Reiter waren nicht auf einen Frontalangriff vorbereitet. Ihre Bögen nutzlos gegen das donnernde Eisen der deutschen Reiter, ihre Pferde gefangen zwischen den Speerträgern und den Rittern, begann ihre Formation zu brechen.
6. Das Lechfeld
Die Schlacht auf dem Lechfeld, 955 n. Chr.

Albrecht kämpfte in der vorderen Linie, sein Schwert schwang herab auf einen Reiter, der verzweifelt versuchte, seinem tödlichen Schlag zu entkommen. Es war ein Chaos aus Schreien, Blut und zersplitternden Waffen. Die Magyaren versuchten, sich neu zu formieren, doch es war zu spät. Die deutschen Krieger drängten sie immer weiter zusammen, die engen Felder wurden ihr Gefängnis. Die Sonne stand hoch am Himmel, während das Schlachtfeld in Staub und Chaos gehüllt war. Die Magyaren, nun in die Enge getrieben, setzten zu ihrer letzten List an. Im Zentrum ihres Heeres riefen die Anführer plötzlich zum Rückzug. Ihre Reiter wichen scheinbar panisch zurück, einzelne Männer drehten sich noch im Sattel um, als wollten sie in Angst fliehen. Es war eine altbewährte Taktik: Sie wollten die Deutschen glauben lassen, der Feind sei geschlagen – nur um sie dann in einen tödlichen Hinterhalt zu locken. Albrecht stand mitten im Zentrum der deutschen Formation, die Beine fest in den Boden gestemmt, die Hände um den Schaft seines Speers geschlossen. Schweiß lief ihm über das Gesicht, sein Atem war schwer, doch er wusste, dass sie standhalten mussten. Die Reihen um ihn herum zitterten. Einige Krieger waren sich uneins, sie wollten nachsetzen, den Feind verfolgen und ihm den Todesstoß versetzen. „Sie fliehen! Jetzt ist unsere Chance!” rief ein junger Ritter aus Franken und trat bereits einen Schritt nach vorne. „Nein!” brüllte ein älterer sächsischer Krieger. „Haltet die Reihen! Es ist eine Falle!” Albrecht spürte die Spannung in der Luft. Seine Hände krampften sich um den Speer. Er wusste, dass es genau das war, worauf die Magyaren warteten. Sie hatten diese Taktik unzählige Male gegen ungeduldige Gegner angewandt – und sie immer wieder vernichtet. Doch Otto hatte sie gewarnt. Sie durften nicht nachsetzen. Nicht, bevor die Zeit reif war. Da ertönte die Stimme Ottos I. über das Schlachtfeld. „Bleibt in der Formation! Keiner bricht aus!” Die Disziplin hielt. Die Schilde blieben eng aneinander, der Wall aus Speeren zeigte weiterhin nach vorn. Albrecht atmete tief durch. Er konnte sehen, wie sich die Magyaren verwundert umsahen. Sie hatten mit einer kopflosen Verfolgung gerechnet. Doch die Deutschen blieben standhaft. Die Magyaren zögerten einen Moment zu lange. Ihr Scheinrückzug war nutzlos geworden. Stattdessen gerieten sie selbst in Unordnung, als ihre hinteren Reihen auf die vorderen aufliefen. Ihre letzte List war gescheitert. Dann kam Ottos Befehl. „Jetzt! Stoßt vor!” Mit einem gewaltigen Brüllen setzte sich das deutsche Heer in Bewegung. Der Schildwall löste sich nicht chaotisch auf, sondern marschierte mit geordneter Kraft nach vorn. Die sächsischen und fränkischen Speerträger trieben ihre Waffen in die Reihen der Magyaren, während die schweren Ritter von den Flanken herangestürmt kamen. Die feindlichen Reiter hatten keine Zeit mehr, sich neu zu formieren. Panik breitete sich aus. Sie wendeten ihre Pferde, doch diesmal gab es keinen Fluchtweg. Albrecht kämpfte inmitten der deutschen Speerträger. Er rammte seinen Speer in den Leib eines Reiters, der mit wildem Blick zurückwich. Ein anderer Magyar versuchte, sich mit gezogenem Säbel durch die Reihen zu schlagen, doch ein fränkischer Krieger hieb ihm mit einem einzigen Streich das Schwert aus der Hand. Innerhalb weniger Minuten war das Zentrum des magyarischen Heeres zusammengebrochen. Ihre List hatte versagt, ihre Taktik war nutzlos geworden. Sie waren nun nicht mehr die Jäger – sie waren die Gejagten. Auch die Flanken brachen unter dem Ansturm der Deutschen Stämme zusammen. Die beiden Anführer wurden gefangen genommen. Albrecht sog keuchend die staubige Luft ein. Er wusste, dass dies der Moment war, in dem die Schlacht endgültig entschieden wurde. Die Deutschen hatten bewiesen, dass sie nicht nur stark waren, sondern auch diszipliniert. Und nun gab es für die Magyaren keinen Ausweg mehr.
7. Der Rückzug

Bischof Ulrich von Augsburg stand auf den Mauern seiner Stadt und blickte mit besorgter Miene über das weite Land. Der Himmel war wolkenverhangen, als ob die Natur selbst den Atem anhielt. In der Ferne war Staub aufgewirbelt – ein sicheres Zeichen, dass ein Heer näherkam. Doch war es Freund oder Feind? Seine schlimmsten Befürchtungen bestätigten sich, als er die ersten Reiter erkannte. Es waren die Magyaren. Ihr Banner wehte im Wind, und ihre Truppen bewegten sich in Unordnung. „Heilige Maria, steh uns bei …”, murmelte er, während seine Hände sich fester um das steinerne Geländer der Mauer krallten. Er wusste, dass Augsburg einer weiteren Belagerung nicht standhalten konnte. Die Verteidiger waren erschöpft, die Mauern beschädigt von den zurückliegenden Wochen. Ein letzter Sturmangriff könnte alles zerstören, wofür sie gekämpft hatten. Die Magyaren ritten heran, doch diesmal fehlte das übliche Kriegsgeschrei. Sie sahen sich nervös um, hielten immer wieder an und blickten zurück.
Dann hörte Ulrich es – ein tiefes, donnerndes Geräusch, das sich über die Felder wälzte. Der Boden begann zu vibrieren, als ob eine dunkle Macht näherkam. Und dann, plötzlich, sah er sie: Die Fahnen Ottos I., das glänzende Eisen deutscher Lanzen, die Reihen disziplinierter Krieger, die in unaufhaltsamer Formation heranrückten. Das Heer Ottos I. war den Steppennomaden auf den Fersen. Die Reaktion der Magyaren kam augenblicklich. Panik ergriff sie. Befehle wurden geschrien, doch es war kein geordneter Rückzug mehr – es war eine Flucht. Lager wurden hastig abgebrochen, Zelte blieben zurück, Proviantkarren kippten um, als Pferde wild davonstoben. Männer sprangen auf ihre Tiere, manche stürzten in der Eile. Ulrich beobachtete, wie das furchtlose Reitervolk, das so lange das Land geplündert hatte, nun selbst zum Gejagten wurde. Er ließ den Blick über seine Stadt schweifen. Augsburg würde überleben. Die Mauern würden weiter stehen. Die Glocken würden wieder läuten. Er wandte sich an die Wachen und rief: „Öffnet die Tore nicht! Lasst die Gnade Gottes walten, aber schützt die Stadt!” Unten auf den Feldern begann das endgültige Ende der Magyareninvasion. Ottos Heer donnerte vorwärts, unaufhaltsam, unermüdlich. Die Magyaren waren nun nicht mehr die Jäger – sie waren die Gejagten. Der Alptraum war vorüber. Bischof Ulrich bekreuzigte sich. „Gott hat uns erhört.” Dies war kein gewöhnlicher Sieg. Dies war das Ende eines Alptraums – und der Beginn eines neuen Zeitalters. Als der Tag endete, stand Albrecht auf dem Schlachtfeld und sah sich um. Der Sieg war errungen, doch zu welchem Preis? Und doch, zum ersten Mal seit der Zerstörung seines Dorfes, fühlte er etwas anderes als Hass. Er fühlte Hoffnung. Denn Otto I. hatte bewiesen: Die Zeit der Furcht war vorüber. Und Albrecht, der einfache Bauer, war nun ein Krieger geworden – für sein Land, für seine Zukunft.
8. Die Flucht

Die Magyaren waren geschlagen. Der Staub ihrer Flucht hing schwer über den weiten Feldern, als sie in hastiger Unordnung nach Osten stürmten. Wo einst stolze Krieger mit erhobenem Bogen ritten, herrschte nun Panik. Sie wussten, dass es keine Rückkehr mehr gab, keine Hoffnung auf einen letzten Gegenschlag. Der Schrecken, den sie über das Reich gebracht hatten, fiel nun auf sie selbst zurück. Doch der Zorn des deutschen Heeres ließ sie nicht entkommen. Otto I. hatte seine Reiter entsandt, um ihnen nachzusetzen. Eine Botschaft aus Stahl und Blut, die über Generationen hinaus verstanden werden sollte: Das Reich war kein wehrloses Land. Seine Städte, seine Klöster, seine Dörfer waren nicht länger einfache Beute. Der Preis für einen Angriff auf deutsches Land war hoch – und er wurde nun mit jedem Schlag der Verfolger gezahlt. Albrecht war unter jenen, die den Feind jagten. Mit seinen Kameraden ritt er durch das hohe Gras, das die fliehenden Magyaren nicht verbarg. Sie stießen immer wieder auf versprengte Gruppen, die versuchten, sich neu zu formieren, doch ohne Führung, ohne Ordnung, ohne Hoffnung. Die wenigen, die entkommen konnten, flohen weiter, getrieben von der Hoffnung, doch noch das ungarische Land zu erreichen, sich in den Weiten der Steppe zu verstecken. Tage vergingen, und noch immer wurden versprengte Gruppen verfolgt und zerschlagen. Die Straßen, die einst von Plünderern bevölkert waren, waren nun gesäumt von den Überresten eines gefallenen Heeres. Es gab keine Märsche mehr in das Herz des Reiches, keine Städte, die in Flammen aufgingen. Die Kunde verbreitete sich schnell. In den Dörfern wurde von Ottos Sieg gesprochen, in den Klöstern läuteten die Glocken zum Dankgebet. Die Städte, die so oft gebrannt hatten, standen noch – stärker als zuvor. Der Schatten der Magyaren, der so lange über dem Reich gelegen hatte, war für immer verbannt. Die nomadischen Reitervölker würden sich erinnern, und wenn sie an das Land der Deutschen dachten, dann nicht mehr als an eine leichte Beute – sondern als einen Feind, den man besser nicht herausforderte.